Sohny, T.: Referenzmodell basierend auf der Wertstrommethode zur Bewertung von automatisierten Materialflusssystemen der Produktion in der Angebotsphase. Schriftenreihe Fortschritte in der IT in Produktion und Logistik, Band 5. Göttingen: Cuvillier 2023.

Automatisierte Materialflusssysteme der Produktion weisen eine hohe Dynamik bei gleichzeitig erheblicher Komplexität auf. Anlagenplaner stehen der Herausforderung gegenüber, für solche kundenindividuellen Materialflusssysteme mit Abgabe ihres Angebots eine Durchsatzleistung zu garantieren. Eine den Durchsatz sichernde Überdimensionierung mit der Folge von Mehrkosten geht allerdings zu Lasten der Wettbewerbsfähigkeit. Mit der Simulationstechnik lassen sich dynamische und stochastische Aspekte von Systemen durch ablauffähige Modelle abbilden und so Alternativen bewerten. Jedoch ist die Simulation zum Zeitpunkt der Angebotsphase zu zeit- und kostenintensiv, sodass diese regelmäßig erst nach einer Auftragsvergabe angewendet wird. Mögliche Planungsfehler werden erst dann erkannt und führen zu aufwandsintensiven Anpassungen. In der vorliegenden Arbeit wird ein Referenzmodell basierend auf der Wertstrommethode entwickelt, das einen Beitrag für einen reduzierten Modellbildungsaufwand von Simulationsmodellen für automatisierte Materialflusssysteme zum Zeitpunkt der Angebotsphase leistet. Für eine effiziente Modellbildung steht dem Anwender des Referenzmodells ein dafür entwickeltes Konstruktionsschema, bestehend aus einzelnen Modellelementen mit definierten Strukturen und Beziehungen zur Verfügung. Jedes Modellelement repräsentiert dabei ein reales Systemelement eines automatisierten Materialflusssystems mit seinen charakteristischen Eigenschaften, abgebildet durch Systemzustände, Ablauflogiken und Attribute. Die Beschreibung der Systemelemente, mit einer geeigneten Granularität für die Angebotsphase, erfolgt durch die im industriellen Umfeld bewährte Wertstrommethode, erweitert um den Aspekt der Dynamik. Der modulare Aufbau des Konstruktionsschemas und der Beschreibungsmethode erlaubt die anwendungsspezifische Parametrisierung und Verwendung eines spezifischen Modellelements. Unterstützt wird der Anwender durch ein Vorgehen zur gezielten Verwendung der Modellelemente, bei einer strukturierten Systemanalyse und der formalen Modellbeschreibung. Mit Ausführung der Modellbildung nach dem Referenzmodell erhält der Modellierer ein formalisiertes Modell, welches ohne weitere Erläuterung simulatorspezifisch in ein Simulationssystem implementiert werden kann. Hierdurch ist der Anlagenplaner in der Lage, durch Was-wäre-wenn-Szenarien seine zugesicherte Durchsatzleistung je Angebot in kürzester Zeit abzusichern und seine Wettbewerbsfähigkeit zu steigern. Die Anwendbarkeit des Referenzmodells wird durch eine Simulationsstudie zur Abbildung eines realen Materialflusssystems demonstriert. Es wird aufgezeigt, dass die vorgegebene Struktur und die definierten Modellelemente den Modellierer bei der Systemanalyse und Modellformalisierung anwendungsspezifisch unterstützen und den Modellbildungsaufwand dadurch reduzieren. Die Glaubwürdigkeit und hinreichend genaue Abbildung wird durch eine phasenbegleitende Verifikation und Validierung und den Vergleich mit einem Detailmodell nachgewiesen.